Mit Bescheid vom 29. August 2019 (GZ DSBD123.874/0016-DSB/2019) hatte die Datenschutzbehörde unter anderem zu entscheiden, ob der Beschwerdeführer dadurch in seinem Recht auf Auskunft verletzt wurde, indem ihm die Beschwerdegegnerin, eine in Österreich anerkannte Religionsgemeinschaft, gewisse Unterlagen, welche sie in einem verschlossenen Umschlag aufbewahrt, nicht als Kopien bereitgestellt hat. Der Beschwerdeführer war aus der Religionsgemeinschaft der Beschwerdegegnerin ausgetreten.
Zunächst setzte sich die Datenschutzbehörde mit der Frage auseinander, ob die auf der Webseite der Verantwortlichen veröffentlichten weltweiten Datenschutzrichtlinien als Regelungen iSd Art. 91 Abs. 1 DSGVO zu qualifizieren sind und verneinte dies mit der Begründung, dass diese als nicht umfassend genug erscheinen, weshalb der Fall anhand der DSGVO zu beurteilen war.
Sodann war zu prüfen, ob der verschlossene Umschlag ein Dateisystem iSd Art. 4 Z 6 DSGVO ist. Unter Dateisystem ist nach der Begriffsbestimmung des
Art. 4 Z 6 DSGVO jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird, zu verstehen. Der EuGH beschäftigte sich in seinem Urteil vom 10.6.2018 (C-25/17) mit dem Begriff des Dateisystems und führte darin aus, dass eine Datei dann nach bestimmten Kriterien sortiert ist, wenn sie leicht wiederauffindbar ist. Die personenbezogenen Daten müssen nicht in spezifischen Kartotheken oder Verzeichnissen oder einem anderen Recherchesystem enthalten sein. An diesem Kriterium orientierte sich die Datenschutzbehörde. Der verfahrensgegenständliche Umschlag ist mit Namen des Beschwerdeführers, dem Grund des Ausscheidens aus der Gemeinschaft und dem Austrittsdatum beschriftet. Dies dient der leichteren Wiederauffindbarkeit und der gezielten Suche von Personen. Es ist davon auszugehen, dass etliche Umschläge dieser Art von der Beschwerdegegnerin aufbewahrt werden, weshalb die Datenschutzbehörde zum Schluss kam, dass betreffend den verschlossenen Umschlag der sachliche Anwendungsbereich gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO eröffnet ist.
Die Beschwerdegegnerin brachte vor, sie stelle dem Beschwerdeführer deshalb keine Kopien der Unterlagen im verschlossenen Umschlag bereit, weil ihr Vorgehen religionsrechtlichem Gewohnheitsrecht entspreche und weltweit seit Jahrzehnten geübte Praxis der Religionsgemeinschaft sei, häufig Sachverhalte vorliegen würden, die der Privat- bzw. Intimsphäre der Beteiligten zuzurechnen seien und der Schutz des Seelsorgergeheimnisses von höchster Bedeutung sei.
Nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO darf das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Abs. 3 die Rechte und Freiheiten einer anderen Person nicht beeinträchtigen. Dies schließt auch die Rechte des Verantwortlichen ein. ErwGr. 63 legt bei solchen Spannungsverhältnissen eine Interessenabwägung nahe und nennt beispielsweise Geschäftsgeheimnisse sowie Rechte des geistigen Eigentums. Die Datenschutzbehörde hatte zu prüfen, ob Rechte und Freiheiten der Beschwerdegegnerin im Sinne des Art. 15 Abs. 4 DSGVO einer Bereitstellung von Datenkopien entgegenstehen. Nach ErwGr. 4 steht die DSGVO im Einklang mit allen Grundrechten und achtet alle Freiheiten und Grundsätze, die mit der Charta anerkannt werden, darunter unter anderem auch die Gewissens- und Religionsfreiheit.
Als Rechte der Beschwerdegegnerin kommen im vorliegenden Fall die ihr aus den Art. 15 StGG, Art. 9 EMRK und Art. 17 AEUV erwachsenden in Betracht. Diese schützen nicht nur die Rechte von einzelnen Gläubigen und Nichtgläubigen,sondern begründen auch ein Grundrecht auf korporative Religionsfreiheit.
Es stellte sich die Frage, ob durch eine Stattgabe der Beschwerde in die inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaft eingegriffen würde. Die Datenschutzbehörde kam im gegenständlichen Fall zum Schluss, dass die Praxis der Beschwerdegegnerin, Umschläge, die Dokumente betreffend das Ausscheiden eines Mitgliedes aus ihrer Gemeinschaft enthalten, verschlossen aufzubewahren, eine innere Angelegenheit darstellt. Insofern handelt es sich um eine Frage, die die Datenschutzbehörde als staatliche Behörde nicht beurteilen darf. Eine Kopie der im verschlossenen Umschlag enthaltenen personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers war daher nicht bereitzustellen und die Beschwerde war dahingehend abzuweisen.
Dieser Bescheid ist nicht rechtskräftig.