Im Bescheid vom 8. September 2020, GZ: DSB-D124.909, 2020-0.436.002 hatte sich die Datenschutzbehörde mit dem Umfang eines Auskunftsanspruchs im Rahmen der sogenannten Geo_Milieus auseinanderzusetzen. Geo_Milieus sind, vereinfacht gesprochen, Einstufungen von Personen, basierend auf einer Wahrscheinlichkeitsrechnung zum Zwecke des strategischen Marketings. Derartige Einstufungen sind u.a. „Wahrscheinlichkeitswert_konservative“ (beschrieben als „Stark von christlichen Wertvorstellungen geprägt, hohe Wertschätzung von Bildung und Kultur, kritisch gegenüber aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen“) oder „Wahrscheinlichkeitswert_hedonisten“ (beschrieben als „Die momentbezogene, erlebnishungrige untere Mitte: Leben im Hier und Jetzt, Suche nach Spaß und Unterhaltung; Verweigerung von Konventionen der Mehrheitsgesellschaft“).
Der Beschwerdeführer hatte zwar Auskunft zu den – ihm zugeordneten – Wahrscheinlichkeitswerten und den Beschreibungen der zugeordneten Geo_Milieus erhalten, jedoch keine Angaben darüber, aufgrund welcher Parameter bspw. der „Wahrscheinlichkeitswert_konservative“ bei ihm 2,03% und der Wahrscheinlichkeitswert_hedonisten 9,28 % betrug. Der Beschwerdeführer relevierte daher eine unvollständige Auskunft, da der Adressverlag unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sich weigerte, nähere Auskunft zur Errechnung der Werte zu erteilen.
Die Datenschutzbehörde stellte zunächst fest, dass es sich bei Errechnung und Zuordnung der Geo_Milieus Wahrscheinlichkeiten um ein Profiling gemäß Art. 4 Z 4 DSGVO handelt, da im Rahmen einer automatisierten Verarbeitung insbesondere Aspekte bezüglich wirtschaftlicher Lage, persönlicher Vorlieben und Interessen eines Betroffenen analysiert, segmentiert und diesbezügliche Wahrscheinlichkeitswerte errechnet wurden.
Da Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO vorsieht, dass bei Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Art. 22 Abs. 1 und 4 DSGVO und — zumindest in diesen Fällen — aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person zu erteilen sind, weiters Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO die spezifischen Auskunftsrechte nicht abschließend auf Art. 22 Abs. 1 und 4 DSGVO beschränkt, sondern diese Rechte durch das Wort zumindest („at least“) auch auf andere Fälle ausgedehnt sehen will, hat die Datenschutzbehörde eine Auskunftserteilung zum Zustandekommen der Geo_Milieus gemäß Art. 12 Abs. 1 iVm 15 Abs. lit. h DSGVO angeordnet. Es ist Betroffenen nur durch eine Auskunftserteilung letztlich der Eingangsvariablen, deren Gewichtung und einer Erklärung, weshalb Betroffenen ein bestimmtes Bewertungsergebnis zugeordnet wird, möglich, dass diese ihre Betroffenenrechte auf Richtigstellung und Löschung wahrnehmen können.
Demgegenüber treten auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Adressverlages in den Hintergrund, da die im Verfassungsrang (§ 1 Abs. 3 DSG) stehenden bzw. auf EU-Primärrecht (Art. 8 EU-GRC) basierenden Rechte auf Auskunft und Richtigstellung gewichtiger zu bewerten und Ausnahmen der von den allgemeinen Bestimmungen der DSGVO eng auszulegen sind (vgl. EuGH C-311/18).
Das Begehren auf Offenlegung der vollständigen Berechnungsmethodik – wie vom Beschwerdeführer ebenfalls verlangt – wurde hingegen abgewiesen. Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO spricht lediglich von „aussagekräftigen Informationen zur involvierten Logik und deren Auswirkungen“, nicht aber von der involvierten Logik selbst.
Dieser Bescheid ist rechtskräftig.